Dieses Interview basiert auf einer Folge des torq.partners Finance Podcasts mit Kolja Heskamp, Mitgründer und Partner bei torq.partners. Die komplette Folge ist auf Spotify und YouTube als Videopodcast verfügbar.
Es ist ein klarer Aufschwung. Nach den schwierigen Jahren 2022 und 2023 sehen wir wieder mehr Risikobereitschaft. Die Zinswende, stabile Inflationserwartungen und auch der KI-Hype tragen dazu bei. Das ist ein sehr positives Signal – vor allem, weil viele mit einem weiteren Krisenjahr gerechnet hatten.
2020/21 wurde extrem viel Kapital investiert, oft ohne gründliche Due Diligence. Zinsen waren niedrig, alles wurde digital, es herrschte Goldgräberstimmung. 2022/23 kam die Abkühlung: Zinswende, geopolitische Krisen, Insolvenzen. Heute bewegen wir uns auf dem Niveau von 2018/19 – ein gesunder Markt, der eine stabile Basis bietet.
Berlin bleibt zahlenmäßig stark, aber München hat aufgeholt und teilweise überholt – vor allem mit großen Deep-Tech- und Space-Tech-Runden. Gründe sind die TU München, die LMU und die Nähe zu Industrieplayern. Berlin bleibt die Avantgarde, aber Deep Tech hat inzwischen in München ein Übergewicht.
Wachstum um jeden Preis ist vorbei. Heute zählt Kapitaleffizienz und nachhaltiges Wachstum. Profitabilität und Qualität der Umsätze stehen im Fokus. Nur in Deep Tech und AI gelten andere Regeln, da hier lange Entwicklungszyklen normal sind.
Der Sweet Spot für Investoren bleibt Series A. Es gibt weniger, aber größere Runden. Späte Finanzierungsphasen sind schwieriger, da es in Europa noch an klaren Exit-Pfaden fehlt.
Kleine Teams können heute mit Low-Code/No-Code-Lösungen skalierbare Produkte bauen, oft ohne große Finanzierungsrunden. Langfristig braucht es aber dennoch Kapital, um kritische Masse zu erreichen und nicht von Big Tech verdrängt zu werden.
Deutlich konservativer. In B2B-SaaS liegen Multiples heute bei ca. 6–7x ARR, während sie 2020/21 noch bei 16–17x lagen. Ausnahme sind KI und Deep Tech, wo Investoren weiterhin hohe Bewertungen akzeptieren.
Gründer*innen brauchen eine realistische Finanzplanung, saubere Unit Economics, ein klares Narrativ zur Profitabilität und ein starkes Team. Storytelling ist entscheidend – es reicht nicht, nur gute Zahlen zu haben.
Fehlerhafte Umsatzdefinition, falsche Umsatzabgrenzung, fehlende Cashflow-Planung, Scheinselbstständigkeit bei Freelancern oder schwache Margenkenntnis. Auch fehlendes Mahnwesen ist ein häufiger und ärgerlicher Punkt.
Eine Person, die Belege organisiert und der Steuerberatung zuarbeitet, plus jemand mit Blick auf Liquidität und Planung. Ein CFO ist nicht nötig – Excel-Kompetenz reicht am Anfang. Externe Expertise durch Angels, Investoren oder Beratungen ist sinnvoll.
Förderprogramme auf EU-, Bundes- und Landesebene, Factoring, Asset- und Revenue-based Financing sowie Supplier Financing. Auch klassische Banken oder Förderbanken wie IBB oder Bayern Kapital können Partner sein – man muss das Gespräch suchen und kreativ bleiben.
Ich bin optimistisch. Gründer*innen sind extrem anpassungsfähig. Deep Tech wird Deutschland stärken und besser zu unserer DNA passen. Es bleibt eine offene Frage, wo große Exits in Europa entstehen – hier fehlen noch klare Strukturen, um Kapital langfristig zu binden.