Das Personalwesen unterlag noch nie einem so großen Wandel wie heute. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auch in 2023 deutlich zu spüren, New Work transformiert den Arbeitsmarkt und die Digitalisierung ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Eines der dominantesten Themen ist weiterhin der Fachkräftemangel. Während die Arbeitslosenzahl 2005 noch bei knapp fünf Millionen Menschen lag, ist der War for Talents derzeit allgegenwärtig. Laut der Voices of HR Studie haben viele Unternehmen aktuell Probleme damit, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und so neue Mitarbeiter zu gewinnen. Ein Lösungsansatz, der das Recruiting optimieren kann und als Teil der HR-Strategie zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist People Analytics.
People Analytics bezeichnet die Nutzung von Talent-, Organisations- und Mitarbeiterdaten mit dem Ziel, Erkenntnisse zu gewinnen, die zu fundierten Entscheidungen und positiven Geschäftsergebnissen führen. Der Begriff wird oft synonym mit HR Analytics, Talent Analytics oder Workforce Analytics verwendet, allerdings hat People Analytics einen breiteren Fokus. Es umfasst nicht nur das Personalmanagement, sondern auch Daten aus anderen Unternehmensbereichen. Bei korrekter Implementierung kann People Analytics Unternehmen einen wichtigen Mehrwert bieten und direkt auf die Business-Ziele einzahlen. Der Einsatz von People Analytics kann beispielsweise dafür sorgen, dass Muster im Verhalten von Angestellten erkannt werden und so besser auf Mitarbeiterbedürfnisse eingegangen werden kann. Dadurch lässt sich die Mitarbeiterbindung verbessern, was sich wiederum positiv auf das Mitarbeiterengagement und die Kultur im Unternehmen auswirken kann.
Beispiele für weitere Themen, bei denen People Analytics helfen kann, sind:
Für HR-Abteilungen generiert People Analytics großen Mehrwert. Es liefert wichtige Daten, die bei der effektiven Entscheidungsfindung von großem Nutzen und Grundlage für eine fundierte HR-Strategie sein können, die optimal auf das Unternehmen abgestimmt ist. Positive und negative Entwicklungen innerhalb einer Organisation lassen sich dank People Analytics besser absehen und entsprechende Maßnahmen können rechtzeitig eingeleitet werden. Auch im Rahmen der Prozessoptimierung spielt People Analytics eine wichtige Rolle. Hier kann die Methode anhand von Daten aufzeigen, wo Prozesse zu umständlich gestaltet sind. Darüber hinaus werden durch People Analytics Mitarbeiterdaten schneller verfügbar gemacht.
Denn während HR-Verantwortliche vor einigen Jahren noch über Programmierfähigkeiten verfügen mussten, um auf Personaldaten zugreifen zu können, lassen sich mittlerweile mit einem HRIS (Human Resources Information System) Informationen über Themen wie Gehälter oder erwünschte Qualifikationen in wenigen Klicks abrufen.
Ein People Analytics Prozess umfasst typischerweise folgende Schritte:
Für eine erfolgreiche Arbeit mit People Analytics muss zunächst bestimmt werden, was genau erreicht werden soll. Hierfür müssen zunächst Probleme identifiziert werden, die gelöst werden sollen. Hierbei kann es sich beispielsweise um Schwachstellen im Bewerberauswahlverfahren oder bei der Mitarbeiterbindung handeln. Wichtig ist, dass die Definition des Problems möglichst eindeutig ist, um die Datenanalyse zu erleichtern. Im Anschluss muss festgelegt werden, welche Datenpunkte genutzt werden sollen und wie diese zu potenziellen Lösungen beitragen können, die auf klar definierte Geschäftsziele abgestimmt sind.
Im zweiten Schritt stellt sich vor allem eine Frage: Wie kommt man an die Daten? Oft sind diese bereits vorhanden, zum Beispiel in Form von Personaldaten im Jahresbericht oder im Lohnbuchhaltungssystem. Es kann Sinn ergeben, zunächst mit der Analyse dieser Daten zu beginnen und ausgehend von diesen erste Hypothesen zu formulieren.
Unabhängig davon, mit welchen Daten gearbeitet wird, ist es wichtig, dass die Datenqualität stimmt. Eine Lösung für eine saubere Datengrundlage kann ein HRIS sein, das über ein gut ausgebautes People Analytics Modul verfügt. Doch auch hier ist nicht immer eine einwandfreie Datenbasis gewährleistet und es gilt: Komplexe Datenanalysen basierend auf einer schlechten Datengrundlage sind vergeudete Zeit. Der Fokus sollte stets auf der Analyse von nachvollziehbaren Daten liegen.
Sobald eine brauchbare Datenquelle gefunden ist, sollte die Datenqualität überprüft werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Auswertungen am Ende auch verwertbar sind. Um eine stabile Datenqualität zu gewährleisten, ist es ratsam, zu definieren, welche Mitarbeiter bei Änderungen von Personaldaten Anpassungen vornehmen müssen und die entsprechenden Nutzertypen im System zu bestimmen. Vor der Analyse sollte zudem festgelegt werden, welche Datensätze relevant sind. Auch sollten KPIs (Key-Performance-Indicators) definiert werden. Erst dann kann die Analyse beginnen, bei der verschiedene statistische Methoden eingesetzt werden, um Muster und Trends zu erkennen.
Im nächsten Schritt kann mit der Entwicklung umsetzbarer Erkenntnisse begonnen werden. Diese sollten zu einer Optimierung der Entscheidungsfindung genutzt werden können. Hier kann der Einsatz eines übersichtlichen Dashboards von großem Nutzen sein. Auch die Nutzung von A/B Testing sollte in Erwägung gezogen werden, um aussagekräftige Daten zu gewinnen, die in Empfehlungen übersetzt und vom Unternehmen umgesetzt werden können.
Der People Analytics Prozess ist nach der Interpretation der Daten und der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen nicht beendet, sondern sollte regelmäßig und systematisch wiederholt werden. Nur so lassen sich die Entwicklungen innerhalb der Organisation im Auge behalten und Probleme oder Chancen erkennen. Zudem sollten Zielsetzungen, Datenquellen, Methoden und Tools kontinuierlich überprüft und bei Bedarf angepasst werden, um sie an etwaige Änderungen der Geschäftsziele, Kundenpräferenzen, Technologielandschaft oder Marktbedingungen anpassen zu können.
Damit People Analytics bei der Lösung von Herausforderungen helfen und die Leistung der Mitarbeiter erhöhen kann, ist es wichtig, dass die gewonnenen Daten und Erkenntnisse in die strategische Planung und Umsetzung des Unternehmens integriert werden. Wie bereits erwähnt sind auch die Korrektheit, Vollständigkeit und Konsistenz der genutzten Daten essentiell. Ebenso wichtig ist, dass die ausgewählten Daten relevant sind. Nur wenn die Datenanalyse einen praktischen Nutzen hat, kann sie zu den Geschäftszielen des Unternehmens beitragen. Entscheidend ist auch, dass die nötigen Analysefähigkeiten im HR-Team vorhanden sind, um Daten richtig interpretieren zu können. Bei der Nutzung der Daten sollte zudem penibel darauf geachtet werden, dass Datenschutz und -sicherheit berücksichtigt werden, um die Privatsphäre der Mitarbeiter zu schützen und ethische Bedenken zu entschärfen.
Für erfolgreiche People Analytics ist des Weiteren eine enge Zusammenarbeit mit der Finanzabteilung empfehlenswert. Diese ermöglicht es, die Kosten für Personalressourcen besser zu verstehen, die Auswirkungen von Personalentscheidungen zu quantifizieren und die Abstimmung der Personalstrategie mit der des Unternehmens sicherzustellen.
Ein weiterer Punkt, der essentiell ist, ist die richtige Implementierung. Diese kann technisch anspruchsvoll sein und Organisationen vor Herausforderungen stellen. Das gilt insbesondere dann, wenn verschiedene HR- und Unternehmenssysteme integriert werden müssen, um Zugriff auf relevante Datenquellen zu erhalten. Meist müssen Investitionen in neue Software getätigt und Mitarbeiter geschult werden, um Lücken in IT-Infrastruktur und Know-how zu schließen.
Schlussendlich ist es außerdem wichtig, dass die über People Analytics gewonnenen Erkenntnisse leicht für Manager und C-Level zugänglich und verständlich sind. So kann der Bereich die nötige Unterstützung auf Führungsebene erfahren. Auch für Führungskräfte bedarf es oftmals einer Schulung, damit Analyseergebnisse richtig interpretiert und daraus fundierte Ergebnisse abgeleitet werden können.
Die Einsatzmöglichkeiten von People Analytics sind vielseitig und finden sich in den verschiedensten Bereichen des Personalmanagements. Eine der wichtigsten Anwendungen von People Analytics ist die im Talent Development. Hier hilft People Analytics unter anderem dabei, individuelle Stärken und Schwächen von Mitarbeitern zu identifizieren. Dies ermöglicht personalisierte Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten, um das Potenzial der Mitarbeiter voll auszuschöpfen.
Ein weiterer Bereich, in dem People Analytics eingesetzt wird, ist die Arbeitskräfteplanung, konkret in der Budgetplanung und Headcount Planung.
Auch im Performance Management spielt die Methode eine wichtige Rolle. Mithilfe von People Analytics können Unternehmen messbare Leistungsindikatoren zur Bewertung und Verbesserung der Mitarbeiterleistung festlegen, Zielvereinbarungen verfolgen und die Mitarbeiterleistung anhand von Kompetenzmatrizen bewerten.
Darüber hinaus ermöglicht People Analytics die Optimierung von HR-Prozessen und die Messung von Fehlerquoten, beispielsweise in sensiblen Bereichen wie der Gehaltsabrechnung. Es unterstützt auch bei der Kapazitätsmessung und -planung, um sicherzustellen, dass HR-Teams effektiv arbeiten.
Weitere Bereiche, in denen People Analytics eine wichtige Unterstützung sein kann, sind das Gesundheitsmanagement sowie Compensation und Benefits. Während die Analyse von Mitarbeitergesundheitsdaten dazu beitragen kann, Gesundheitsprogramme zu entwickeln und anzupassen, um die körperliche und geistige Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern und Krankheitskosten zu reduzieren, kann People Analytics bei der Gestaltung von Vergütungs- und Leistungspaketen helfen, wettbewerbsfähige und gerechte Vergütungsstrukturen zu entwickeln, die die Mitarbeitermotivation und -bindung fördern.
Eine weitere wichtige Einsatzmöglichkeit von People Analytics liegt im Bereich der Personalbeschaffung. Durch die Auswertung von Bewerberinformationen können Unternehmen ein tieferes Verständnis für Talente entwickeln und deren Eignung für eine Position besser bewerten. Anstatt sich ausschließlich auf traditionelle Bewerbungsunterlagen zu verlassen, ermöglicht People Analytics Unternehmen beim Bewerberauswahlverfahren eine datenbasierte Vorselektion, bei der Kandidaten anhand objektiver Kriterien beurteilt werden. Die Identifikation geeigneter Kandidaten wird so erleichtert und der Auswahlprozess kann optimiert werden. Gleichzeitig können prozessuale Schwachstellen aufgetan werden. Laut einer Studie der Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey lässt sich mit People Analytics die Effizienz im Recruiting um 80 Prozent steigern.
Des Weiteren können Unternehmen People Analytics nutzen, um transparentere Rekrutierungs- und Auswahlprozesse zu schaffen. Fragestellungen, die hier mittels Datenanalyse beantwortet werden können, sind beispielsweise: Welche Fähigkeiten sind bereits im Unternehmen vorhanden? Welche Kompetenzen sind für den Erfolg in der jeweiligen Position wichtig? Die gewonnen Erkenntnisse können genutzt werden, um Stellenausschreibungen zu entwickeln, die die erforderlichen Qualifikationen widerspiegeln, und Fehlbesetzungen verringern. Zudem können diese Daten Unternehmen dabei helfen, den Entwicklungsbedarf der Mitarbeiter besser zu verstehen und effektivere Schulungsprogramme anzubieten. Die Fluktuation kann dadurch reduziert werden.
Auch bei der Messung der Effektivität der einzelnen Recruiting-Kanäle ist People Analytics eine große Unterstützung. Für die Personalbeschaffung werden unterschiedliche Kanäle verwendet, die mithilfe von HR-Tools ausgewertet werden können. Wichtige KPIs sind beispielsweise Cost-per-Applicant (Kosten, die für die Anwerbung eines neuen Mitarbeiters ausgegeben werden), Cost-per-Hire (Einstellungskosten pro Mitarbeiter) und Closings-per-Source (Anzahl der Hires pro Kanal). Die Messung der so genannten Channel Effectiveness ermöglicht es, festzustellen, welche Kanäle die besten Kandidaten und Mitarbeiter hervorbringen. Organisationen können ihre Ressourcen so effizienter auf die erfolgversprechendsten Recruiting-Kanäle konzentrieren und die Grundlage schaffen, um die Costs-per-Hire zu optimieren und eine zuverlässige Pipeline aufzubauen.
Für die Gewinnung neuer Mitarbeiter spielen datenbasierte Lösungen eine immer wichtigere Rolle. Es ist davon auszugehen, dass People Analytics in nicht allzu ferner Zukunft zu den Standardverfahren bei der Entscheidungsfindung im Personalwesen gehören wird. Das ist wenig überraschend, schließlich erhalten Unternehmen mit der gelungenen Einführung einer People Analytics Strategie ein holistisches Verständnis ihrer Personalarbeit. Die Methode unterstützt datengetriebene, objektive Entscheidungsprozesse und optimiert die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden, die Personalentwicklung sowie viele weitere Prozesse. People Analytics geht über die Visualisierung von Daten weit hinaus und kann zu einer höheren Produktivität und Rentabilität führen und so entscheidend zum Unternehmenserfolg beitragen.
Laut der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte investieren mehr als 70 Prozent aller in einer Studie befragten Unternehmen in People-Analytics-Lösungen, um Daten in die Entscheidungsfindung zu integrieren und einen Mehrwert aus verfügbaren Daten abzuleiten. Diese Investitionen deuten darauf hin, dass People Analytics nicht nur eine vorübergehende Modeerscheinung, sondern eine unverzichtbare Praxis im modernen Personalwesen ist, die Unternehmen hilft, intelligentere Geschäftsentscheidungen zu treffen und bessere Ergebnisse zu erzielen.