Verbindlichkeiten

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Was sind Verbindlichkeiten?

Als Verbindlichkeit werden Verpflichtungen auf die Erbringung von Leistungen bezeichnet, die ein Unternehmen gegenüber Dritten hat. Sie entstehen, wenn eine Leistung bereits erlangt, die vereinbarte – in der Regel finanzielle – Gegenleistung durch das Unternehmen allerdings noch nicht erbracht wurde.

Verbindlichkeiten werden anhand ihrer Laufzeit unterschieden. Müssen Verpflichtungen innerhalb eines Jahres bezahlt werden, handelt es sich um kurzfristige Verbindlichkeiten. Bei langfristigen Verbindlichkeiten geht der Zahlungszeitraum über ein Jahr hinaus.

Arten von Verbindlichkeiten

Gemäß § 247 Handelsgesetzbuch (HGB) sind Verbindlichkeiten in der Bilanz ihrer Art nach zu untergliedern. Die verschiedenen Arten unterscheiden sich nicht nur in ihrer Entstehung, sondern auch anhand der Gläubiger, an die sie gerichtet sind.

Die Unterteilung erfolgt gemäß § 266 Absatz 2 C HGB in die folgenden Posten:

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten: Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten entstehen durch Transaktionen, bei denen ein Unternehmen finanzielle Mittel von Banken bezieht. Zum Beispiel, wenn ein Kredit aufgenommen wird, um die Anschaffung von Maschinen zu finanzieren.

Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen: Geht ein Besteller vor Abnahme der Leistung in Vorleistung, entsteht für das Unternehmen eine Verbindlichkeit. Das ist häufig bei Spezialanfertigungen der Fall. Als Beispiel lässt sich ein Unternehmen nennen, das maßgeschneiderte Möbel herstellt und eine Anzahlung von einem Kunden erhält, bevor die Möbel fertiggestellt und geliefert werden. In diesem Fall handelt es sich um eine materielle und nicht um eine finanzielle Verbindlichkeit.

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: Dieser Posten umfasst alle Verbindlichkeiten, die bei einem Unternehmen gegenüber Dienstleistern oder Lieferanten bestehen. Sie entstehen unter anderem durch Wareneinkäufe oder das in Anspruch nehmen von Dienstleistungen. Die Leistungen müssen auf Ziel, also mit einer gesetzten Zahlungsfrist, gekauft worden sein. Eine derartige Verbindlichkeit entsteht beispielsweise, wenn ein Unternehmen externe Beratungstätigkeiten nutzt und dafür eine Rechnung erhält, die innerhalb von 30 Tagen beglichen werden muss.

Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel: Sie entstehen, wenn ein Unternehmen Wechsel von einem Gläubiger annimmt oder eigene Wechsel ausstellt, die zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden müssen. Ein Wechsel ist ein schriftliches Zahlungsversprechen zwischen zwei Parteien, das den Schuldner verpflichtet, an einem bestimmten zukünftigen Datum einen festgelegten Geldbetrag an den Gläubiger zu zahlen. Ein übliches Szenario für die Ausstellung eines Wechsels liegt beispielsweise vor, wenn ein Unternehmen Waren von einem Lieferanten erhält, aber aus Liquiditätsgründen nicht sofort zahlen kann. In solchen Fällen kann der Lieferant einen Wechsel akzeptieren, der besagt, dass das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt den ausstehenden Betrag bezahlen wird. Die Verbindlichkeit muss dann zum im Wechsel festgelegten Datum beglichen werden.

Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen: Verbundene Unternehmen sind gemäß § 271 Absatz 2 HGB Unternehmen, die im Verhältnis zueinander Mutter- oder Tochterunternehmen sind. Durch geschäftliche Beziehungen unterhalb dieser entstehen Verbindlichkeiten. Ein solches Szenario zeigt sich, wenn Mutterkonzern A von Tochterkonzern B Waren im Wert von 10.000 Euro erhält. Begleicht A die Rechnung noch nicht, wird die Summe als Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen ausgewiesen.

Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht: Diese Art der Verbindlichkeit umfasst finanzielle Verpflichtungen, die dadurch entstehen, dass ein Unternehmen entweder direkte oder indirekte Beteiligungen an einem anderen Unternehmen hält. Mögliche Verbindlichkeiten können Dividendenzahlungen sein, die das Unternehmen an seine Aktionäre auszahlt.

Sonstige Verbindlichkeiten: Als sonstige Verbindlichkeiten gelten finanzielle Verpflichtungen eines Unternehmens, die nicht in die genannten spezifischen Kategorien fallen. Hierzu zählen unter anderem Verbindlichkeiten aus Mietverträgen, Steuerverbindlichkeiten oder Rechtsstreitigkeiten, die erst in der nächsten Periode bezahlt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten?

Forderungen sind das Gegenteil von Verbindlichkeiten. Sie repräsentieren die Gegenleistungen, die ein Unternehmen von Kunden oder anderen Parteien für bereits erbrachte Warenlieferungen oder Dienstleistungen noch erhält, also künftige Zahlungseingänge. Diese werden in der Bilanz als Vermögenswerte ausgewiesen, da sie den Wert darstellen, der dem Unternehmen in Zukunft zufließen wird.

Verbindlichkeiten hingegen zeigen die finanziellen Verpflichtungen auf, die das Unternehmen gegenüber Lieferanten oder anderen Parteien hat, da das Unternehmen Waren oder Dienstleistungen bereits erhalten, für diese jedoch noch keine Zahlung geleistet hat. Damit handelt es sich bei Verpflichtungen um Schulden, die zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden müssen.

Wo stehen Verbindlichkeiten in der Bilanz?

Zum Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeiten werden als Sammelposten auf der Passivseite der Bilanz angeführt.

Sie werden an folgender Position ausgewiesen:

Verbindlichkeiten in der Bilanz

Bewertung von Verbindlichkeiten

Bei der Bewertung wird der finanzielle Wert von Verpflichtungen eines Unternehmens ermittelt. Gemäß § 211 Absatz 1 Unternehmensgesetzbuch (UGB) sind Verbindlichkeiten in Höhe ihres Erfüllungsbetrags anzusetzen, also der Summe, die zur vollständigen Tilgung der Verpflichtung erforderlich ist. Grundsätzlich entspricht das dem Betrag, mit dem die Verbindlichkeit eingegangen ist.

Bestehen am Bilanzstichtag durch Erhöhung des Erfüllungsbetrags, beispielsweise durch Schwankungen im Wechselkurs bei Verbindlichkeiten anderer Währung, mehrere Wertansätze, ist jedoch verpflichtend das Höchstwertprinzip anzuwenden. Das Prinzip besagt, dass Verbindlichkeiten stets mit ihrem höchsten Wert auszuweisen sind. Hierdurch wird ein realistischer Überblick über die tatsächliche finanzielle Situation des Unternehmens geschaffen.

Gemäß § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB werden die so ermittelten Beträge bei unverzinslichen Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz nicht abgezinst. Seit 2022 gilt auch bei der Steuerbilanz kein Abzinsungsgebot für Verbindlichkeiten mehr.

Ausbuchung von Verbindlichkeiten

Eine finanzielle Verbindlichkeit ist auszubuchen, sobald sie getilgt ist. Das ist dann der Fall, wenn die Leistung durch Zahlung oder wirksame Aufrechnung an den Gläubiger erbracht wurde oder der Schuldner durch den Gläubiger, beispielsweise durch einen Forderungsverzicht, von seiner Verbindlichkeit entbunden wurde. Die Verpflichtung zur Leistung kann auch per Gesetz, beispielsweise bei Verjährung, erlöschen.

Um eine Verbindlichkeit ausbuchen zu können, muss diese bereits erfasst worden sein. Werden zum Beispiel Waren mit Zahlungsziel gekauft, erfolgt dies durch das Buchen eines Buchungssatzes, der einen Zugang auf dem Passivkonto “Verbindlichkeiten durch Lieferungen und Leistungen” sowie auf dem betroffenem Aktivkonto, in diesem Fall “Waren”, um den Erfüllungsbetrag angibt. Wurde die Ware bezahlt, wird die Verbindlichkeit ausgebucht. Hierfür wird ein Buchungssatz erstellt, der das Konto “Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen” und das Konto “Bank” des Unternehmens um den bezahlten Betrag reduziert.

Wie unterscheiden sich Verbindlichkeiten und Rückstellungen?

Verbindlichkeiten sind konkrete finanzielle Verpflichtungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind und deren Betrag bereits bekannt ist. Hat ein Unternehmen beispielsweise Waren zu einer festgelegten Summe von einem Lieferanten auf Rechnung mit Zahlungsziel gekauft und diese noch nicht beglichen, handelt es sich um eine Verbindlichkeit.

Rückstellungen hingegen sind ungewisse Verbindlichkeiten, bei denen der genaue Zeitpunkt oder Betrag noch unsicher ist, aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie eintreten. Dazu zählen unter anderem Garantierückstellungen. Ein Unternehmen verkauft beispielsweise elektronische Geräte und bietet eine Garantie von einem Jahr auf seine Produkte an. Da das Unternehmen Kosten für zukünftige Reparaturen oder Ersatzteile bei Schäden decken müsste, bildet es eine Rückstellung für erwartete Garantieansprüche, da der genaue Betrag und Zeitpunkt der Kosten noch unsicher ist.

Was ist ein Verbindlichkeitenspiegel?

Der Verbindlichkeitenspiegel ist Teil des Anhangs zum Jahresabschluss und umfasst eine detaillierte Auflistung aller Verbindlichkeiten, einschließlich ihrer Art und ihrer Beträge, die ein Unternehmen gegenüber externen Parteien hat. Diese werden nach ihrer Restlaufzeit in die Zeitspannen “weniger als ein Jahr”, “zwischen ein und fünf Jahren” und “mehr als fünf Jahre” unterteilt. Der Verbindlichkeitsspiegel ist besonders für Investoren von Bedeutung, da er ihnen hilft, die finanzielle Situation des Unternehmens besser beurteilen zu können.

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